Kunst in Wandel des Lebens / Del Muro al Escenario
Gabriel Hermida 1989-2009
Die Ausstellung des mexikanischen Künstlers Gabriel Hermida führt den Betrachter auf eine faszinierende Reise. Er erlebt, wie sich Leinwand und Linien seiner Werke entfalten, wachsen und sich vervielfältigen, bis sie schließlich auf der Bühne neue Dimensionen entwickeln und sich buchstäblich von den Wänden lösen.
Gezeigt werden die bedeutendsten Werke, die Hermida in den zwanzig Jahren seines Aufenthalts in Deutschland von 1989 bis heute geschaffen hat.
Als Künstler seiner Zeit gehört Hermida zur ersten Generation mexikanischer Kunstschaffender im vereinten Deutschland.
Botschaft von Mexiko in Berlin, Kulturabteilung
24. Juni 2009
Fotos: ©Jonathan Díaz
Blaus Stoffband aus der Installation „Altar des Konsums“ Schloss Sacrow 2003
Rede für Gabriel Hermida am 24. Juni 2009
Lieber Gabriel Hermida mit dieser Einzelausstellung würdigen wir Heute dein Künstlerisches Schaffen seit deiner Ankunft im deutschen Schicksalsjahr 1989. Wir würdigen auch eine gelungene künstlerische Integration eines mexikanischen Künstlers, der stark verwurzelt in den Heimattraditionen seines Landes ist. Dessen künstlerisches Schaffen sich aber mittlerweile aus zwei kulturellen Welten speist. Natürlich und unverkennbar der großen Horizont des Lateinamerikanischen Kulturkreises und hier insbesondere die seines mexikanischen Heimatlandes. In vielem aber auch deutlich die Einflüsse seines Aufenthaltes von zwei Jahrzehnten in Deutschland, in Europa.
Seine künstlerische Ausbildung erhielt Gabriel Hermida an der Kunsthochschule in Puebla, an der Veracruzanischen Universität in Veracruz und am Zentrum für Erforschung der schönen Künste, el Centro de estudios e Investigación de las Bellas Artes in Villahermosa, Tabasco. Seinen Weg zum Bühnenbild und zum Kostüm legten sicherlich seine frühen Begegnungen mit dem Theater in Hamburg, Hildesheim und Berlin. An der Fachhochschule für Kommunikation und Graphikdesign in Hildesheim und an der Kunsthochschule Berlin-Weissensee studierte er Illustration, Design und Theatergestaltung.
20 Jahre sind im Leben eines Menschen eine bedeutende Zeitspanne, aber mitunter auch im Leben eines Volkes und einer Nation. Als Gabriel Hermida am 14. Juli 1989 am Frankfurter Flughafen landete, gab es Deutschland noch zweimal. Wenige Monate später erlebte der den Fall der Mauer in Hamburg und nun ist er schon 18 Jahre Bürger Berlins und lebt in der Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschlands.
Das er heute hier in der Botschaft seines Heimatlandes die Würdigung einer Einzelausstellung erfährt ist sicherlich auch die Anerkennung dafür, dass ein mexikanischer Künstler in 20 Jahre nicht unwesentlich mit dazu beigetragen hat Brücken zu bauen zwischen unsere beide Ländern. Mit Gabriel Hermida hat Mexiko in Deutschland einen wunderbaren künstlerischen Vermittler, der uns, seine Freunden uns seinem Publikum etwas von der Besonderheit der kulturellen Kraft der großen mexikanischen Nation seit vielen Jahren nahe bringt.
Nach ersten Ausstellungen in Puebla oder im Museum de la Ciudad en Veracruz hat er in zahlreichen Gemeinschafts- und Einzelausstellungen über Hildesheim, Salzburg, Derneburg, Aschaffenburg, Sacrow und mehrfach in Berlin seine Kunst und damit auch die Kunst Mexikos dem Publikum vermittelt.
Wichtige Stationen seiner Entwicklung als Maler können Sie an Einzelbeispielen in dieser Ausstellung sehen. Hier zu meiner rechten Seite, das einzige noch in Mexiko 1989 entstandene sehr private Werk, „das Seepferdchen“. Zur Linken von mir das bereits 1989 in Hamburg entstandene, vielleicht auch für den Zustand des jungen mexikanischen Malers in einer ihm fremden Umwelt bezeichnende Bild „Die Fremde“ oder auch „Die Reise“, sagt er uns etwas über die Beginnt einer junger mexikanischen Künstlers, in einer ihm fremden Umwelt? in einem Land dessen Sprache er nicht spricht?
Immer wieder finden Sie in seinen werken auch Bezüge auf die mexikanische Heimat und Geschichte, wie in dem Werk „Der Traum des Mondes“ aus der Reihe „Der Traum von Malinahe“ von 1997. Bezüge zur Natur als vielleicht der geistigen Mutter unseres Universums durchziehen viele seiner Werke. In logischer Konsequenz entstehen auch die malerischen Arbeiten nicht nur allein aus Farbe, sondern häufig auch unter Verwendung von Stoff, Papier, Sand, Erde und ähnlichen materiellen gegenständlichen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel im Jahr 2003 entstandenen Werk „Der Traum der Erde“. Oder zum Beispiel in dem Werk „El viaje – Die Reise“ entstanden 2002.
Eine schöne Verbindung zwischen mexikanischer Herkunft und neuer Heimat in Berlin bildet der großartige mexikanische Buddy Bär aus dem Jahr 2003, dessen Original als Botschafter der multikulturellen toleranten neuen Berlins nach der deutschen Wiedervereinigung steht und von hier aus schon fast die ganze Welt bereist hat.
Ich danke an dieser Stelle allen privaten Leihgaben, die ihre werke von Gabriel Hermida für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt haben. Ich kann Ihnen versichern, Sie haben eine gute Anlage getätigt. Gestern Abend wurde auf einer großen Galaveranstaltung für die SOS-Kinderdörfer von Künstlern gespendeten Werke versteigert und ich kann Ihnen berichten, dass Gabriel Hermida Werk „Meine Deutsche Liebe“ in der Auktion einen höheren Preis erzielt hat, als ein Werk von Jonathan Messe. Also, meine Damen und Herren, kaufen Sie Kunst von Gabriel Hermida, solange diese zu bezahlen ist.
Nach anfänglichen Bühnenassistenz am Stadttheater in Hildesheim oder im Kleistthater in Frankfurt an der Oder über die Theater in Gotha und der Kammeroper Rheinsberg hat er sich langsam dem deutschen Theatersystem genähert.
1997 erfolgte an der Volksbühne Berlin, in ihrer Spielstätte Prater, das erste eigenständige Bühnenbild von Gabriel Hermida zur Inszenierung „Das tägliche Leben“. Eine Inszenierung die auch auf dem Kampfnagel in Hamburg im Folgejahr zu sehen war, hier in der Ausstellung durch Photos vertreten. Weißer Stoff, ein Material wie aus einigen seiner Bilder herausfließend, prägte dieses Bühnenbild des Margaruite Duras abends in der Inszenierung von Caroline Mylord.
Seit 1990 hat Gabriel Hermida zahlreiche Bühnenbilder und Kostüme für der berühmten Karneval der Kulturen in Berlin und seine lateinamerikanische Tribüne verwirklicht. Als Pendler zwischen den großen Institutionen, Deutschem Theater, Volksbühne aber auch der freien Theaterszene versucht der freischaffende Künstler Gabriel Hermida den schwierigen Spagat zwischen zwei sehr unterschiedlichen Welten in der deutschen Theaterlandschaft.
Ein frühes Beispiel seiner Theaterarbeit ist der längliche Tisch im Nebenraum für das Bühnenbild einer Matinee im Deutschen Theater 2001 „Glückliches Ende“. Auch hier aktuelle Bezüge zu Mexiko. Als André Breton zeitwellig in Mexiko lebte, ging er einmal zu einem Tischler, gab ihm eine Skizze im Perspektiv und bat ihn danach einem Tisch zu bauen. Nach einer Woche kam André Breton zurück und fand seiner Skizze korrekt umgesetzt, das Resultat sehen Sie hier in dieser Ausstellung. Der Tischler hat ganz einfach gemacht was der komische Ausländer wollte und Breton hielt dies stets als einen Beweis dafür, das Mexiko in der Tat ein surrealistisches Land ist. Diese Anekdote inspirierte Gabriel Hermida für die Ausstattung der Matinee „Glückliches Ende“.
Das große blaue Stoffband, welches Sie in dieser Ausstellung sehen, stamm aus der Installation „Altar des Konsums“ die Gabriel Hermida 2003 in der Ausstellung „Räume der Macht – Macht der Räume“ im Schloss Sacrow zeigen konnte. Im gleichen Jahr entstanden auch die Kostüme für die Inszenierung der Theatergruppe Molino „Don Juan kommt aus dem Krieg“ und ein Jahr danach „Der Kleiderkreis“. Wie so häufig verwendet Gabriel Hermida, nicht nur aus finanziellen Gründen, für die Neufassung dieses Stückes von Klaubend für seine Kostüme vorgefundene Materialien wie alte Steppdecken oder getragene Kleiderstoffe. Unter seine künstlerischen Hand verwandeln sich diese Abfallstoffe jedoch plötzlich zu kostbaren Gewändern, die ihre künstlerische Anleihe im China des Mittelalters oder auch der Europäischen Barockzeit suchen.
Den Kontakt zu seiner Heimat hat Gabriel Hermida in diesen 20 Jahren nie verloren. Neben regelmäßigen privaten Besuchen erfolgten auch Theaterarbeiten in Mexiko wie zum Beispiel 2005 das Bühnenbild zu der großen Inszenierung von María Alicia Martínez Merano „Bluthochzeit“ von Federico García Lorca in der Stierkampfarena von Mexiko City. 170 Schauspieler, Tänzer und Musiker indianischer Herkunft waren einzukleiden und ein gigantisches Bühnenbild zu gestalten. Wir müssten diese Inszenierung mal nach Berlin bekommen.
Eine der eindrucksvollsten Inszenierung die gerade und besonders durch die Kostüme von Gabriel Hermida zum Leben erweckt worden sind, für mich 2006 die Aufführung des Theaterstückes „Schräge Vögel aus fremden Ländern“ nach die Ursonate von Kurt Schnitters in der Regie von Stephanie Hecht. Die Textilienarbeiten seiner Kostüme stellten eine Art von beweglichem Bühnenbild dar, die in ihrer Erscheinungsform durchaus an Vögel erinnerten. Die Zerstückelung von Sprache in dieser Ursonate zu Klanganmutungen gewann durch die großartigen Kostüme an angeheuerer Intensität. Der Künstler stellte alle 10 Kostüme aus einem rund 60 Quadratmeter großen stofffeil zusammen, welches ursprünglich ein überdimensionales abstraktes Gemälde in den drei Farben blau, rot und Sandfarbe war. Das Bild wurde zerschnitten und zu Kostüme verarbeitet. Von der gleichen Regisseurin zu sehen sind in dieser Ausstellung auch ein Kimono und Hut aus dem Kurzfilm zum Theaterstück „Der Fußgänger der Luft“ aus dem Jahr 2007.
Aber, meine Damen und Herren, ich will Ihnen nicht alle Werke beschreiben, schauen Sie selber, vieles von dem, zumindest was die Theateraufführungen angeht, werden Sie auf der Bühne selber gesehen haben.
Ich freue mich, dass die Mexikanische Botschaft uns im Jahr der Wiedervereinigung diese Ausstellung geschenkt hat, zeigt sie uns neben dem Privat Aspekt doch auch, das Deutschland, dass Berlin von seinen ausländischen Mitbürgern eben auch künstlerisch profitiert , Berlin eine weltoffene Stadt ist, die vielen Menschen aus vielen Ländern zur Heimat geworden ist und das ist gut so, auch und gerade für uns Deutsche.
Ein Herzlicher Dank an Daniel Tamayo, dem wir die Idee und Durchführung dieser Ausstellung verdanken.
Dir lieber Gabriel wünsche ich weitere 20 erfolgreiche Jahre künstlerischen Schaffens in Berlin, in Mexiko und auf dem vielfältigen Wegen zwischen den beiden Kontinenten Lateinamerika und Europa. André Schmitz-Schwarzkopf
Kultur Sekretär von Berlin